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Im Gespräch mit unseren Personalern - Teil 2

Die Erfahrungen aus den vergangenen Monaten zeigen, dass Corona die digitalen Kommunikationskanäle nachhaltig gestärkt hat: Homeschooling- und Homeoffice-Formate avancierten in kurzer Zeit zu einem neuen weltweiten Arbeitsstandard. Was sich auf der einen Seite als positiv darstellt, kann auf der anderen Seite eine Herausforderung bedeuten. Ein besonderes Beispiel sind Bewerbungs- oder Einstellungsprozesse, denn viele der bislang geltenden Regeln greifen in Zeiten von „Social Distancing“ nicht. Wir klären die wichtigsten Fragen mit unseren Personalerinnen Marion Weidlich, Tamara Pfaff und Marie Schrader.

In dem ersten Teil des Interviews ging es um Tipps für die Berufsfindung sowie eine aussagekräftige Bewerbung.

Erfahren Sie in diesem zweiten Teil des Interviews, welche Veränderungen es im Bewerbungsprozess bei uns gibt, wie ein digitales Vorstellungsgespräch gelingt und welche Auswirkungen Corona für die zukünftige Arbeit hat.

Über Recruiting in Zeiten von Corona und zukünftige Arbeitswelten

Für Personalabteilungen gilt in besonderem Maße: Es gibt eine Phase vor Corona und eine Phase während bzw. nach Corona. Was zählt aus Ihrer Sicht zu den gravierendsten Veränderungen im Bewerbungsprozess?

Pfaff: Wie in vielen anderen Bereichen stellen wir fest, dass es Veränderungen gibt, die sich vorteilhaft auswirken, gleichzeitig aber auch manchen Nachteil haben. Das betrifft nicht die erste Kontaktaufnahme, da diese stets schriftlich erfolgt. Im Verlauf einer Bewerbung kommt es idealerweise zu dem Punkt, an dem man sich gerne näher kennenlernen möchte. Dieser Austausch ist zwar über digitale Wege möglich und auch wir bieten beispielsweise Skype- bzw. Video-Konferenzen an. Zusätzlich erbitten wir von unseren Kandidaten eine kurze Video-Präsentation, in der sie sich mit einem kleinen Porträt vorstellen sollen. Trotz aller modernen Technik ist das aber nicht mit einem echten zwischenmenschlichen Kontakt vergleichbar. Wenn man sich im Gespräch Auge in Auge gegenübersitzt, passiert auf der unterbewussten Ebene vieles, wofür es keine Worte braucht. An dieser Stelle überträgt sich die berühmte Chemie – oder eben manchmal nicht. Ich halte diesen Aspekt für wertvoll, denn er ist die Basis für eine kollegiale und langfristige Zusammenarbeit, an der hoffentlich beide Seiten interessiert sind. 

Wie gelingt Bewerbern ein digitales Kurzporträt? Haben Sie einen Tipp, wie ich mich unter diesen Voraussetzungen am besten darstelle?

Schrader: Mein Tipp für diese Situation: Lassen Sie sich nicht von der Technik einschüchtern. Bewerber sollten locker und möglichst gelassen – nicht nachlässig! – mit ihrer Video-Botschaft umgehen und die Chance nutzen, offen zu kommunizieren. Viele Berufseinsteiger sind oft noch nicht geübt darin, sich und ihre Fähigkeiten professionell darzustellen und dabei trotzdem authentisch zu bleiben. Der Weg via Video, besonders später als Gesprächssituation mit uns, kann zusätzlich einschüchtern, denn es können technisch bedingte Irritationen auftreten: Mitunter sind die Stimmen verzerrt oder die Gesichter der Gesprächspartner nur klein eingeblendet. Vielleicht mache ich mir zu viele Gedanken darum, ob die Kamera mein Bild gut überträgt oder ob der Hintergrund richtig gewählt ist. Deshalb der zweite Tipp: Bewerber sollten, wenn sie diese Bedenken haben, im Vorfeld technische Testläufe mit Freunden oder der Familie durchführen. Dazu gehört auch, einen Raum zu wählen, der einen neutralen bzw. geeigneten Hintergrund bietet, wie beispielsweise ein Bücherregal oder eine weiße Wand. Je vertrauter mir eine Situation ist, desto leichter fällt mir der Umgang damit.

Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten 20 Jahren maßgeblich verändert und ist flexibler, gleichzeitig auch international vergleichbarerer und damit wettbewerbsorientierter geworden. Inwiefern zeigen sich Auswirkungen auf Seiten der Bewerber?

Weidlich: Natürlich hat sich der Arbeitsmarkt auf vielfältige Weise verändert. Eine neue Herausforderung heute ist, dass die Unternehmen in einem Anbietermarkt im Wettbewerb um Nachwuchstalente stehen. Dies ist auch der Demografie geschuldet: Es gibt derzeit ca. 25 Prozent weniger Bewerber, die anhand ihrer Motivation und Qualifikation als Berufseinsteiger für die Marktanforderungen geeignet sind. Die Bewerber haben zudem eine klare Erwartungshaltung an ihr Arbeitsumfeld, die sie selbstbewusst vertreten. Wichtig ist vielen, eine sinnstiftende Tätigkeit auszuüben sowie Weiterbildungsoptionen für die eigene Entwicklung nutzen zu können. Die Balance zwischen Beruf und Freizeit ist auch nach wie vor sehr gefragt. Das heißt aber nicht, dass die Bewerber weniger Motivation für ihren Job mitbringen; sie streben eine Ausgewogenheit an, die, gemessen an den noch vor 20 Jahren geltenden Maßstäben, damals als unangemessen empfunden worden wäre. 

Das Corona-Thema begleitet uns seit einigen Monaten und sicher ist es noch zu früh, um einzuschätzen, wie sich die Arbeitswelt langfristig durch Corona verändern wird. Können Sie trotzdem schon erste Tendenzen erkennen?

Schrader: Als uns Corona im März dieses Jahres überraschte, musste auch unser Unternehmen gruppenweit kurzfristig auf digitale Lösungen umstellen. Inzwischen sehen wir viele Vorteile – darunter flexible Arbeitszeiten und ortsunabhängiges Arbeiten – aber auch manche Herausforderung. Dazu gehören sicherlich die Unwägbarkeiten der Technik, beispielsweise bei Überlastung der Datenleitungen. Abseits einer funktionsfähigen IT-Infrastruktur spielen auch persönliche Voraussetzungen eine Rolle. So müssen sich Mitarbeiter viel stärker selbst organisieren und ihre Ziele setzen, um Projekte aus dem Homeoffice heraus erfolgreich zu bearbeiten und abzuschließen. Auch für manche Führungskräfte ist es nicht einfach, ihre neue Rolle zu finden, denn die Führungsaufgabe ändert sich und es ist wichtig, den Mitarbeitern noch mehr Vertrauen entgegenzubringen.

Gibt es vielleicht sogar Aspekte, die sich in Ihrem Unternehmen in einer Nach-Corona-Ära verbessert haben und die Sie schon jetzt beobachten?

Pfaff: Ja, die gibt es. Viele haben zum Beispiel den täglichen Austausch mit den Kollegen vermisst, beim gemeinsamen Mittagessen oder einem Nachmittagskaffee. Dabei geht es ja nicht nur um ein rein informatives Gespräch, sondern vor allem um den zwischenmenschlichen Kontakt. Auch die Haltung vieler Kollegen bezogen auf ihr Arbeitsumfeld hat sich verändert. Das betrifft zum einen den Umgang mit neuen technischen Tools, beispielsweise für digitale Konferenzen oder das flexible Arbeiten per Notebook. Diesbezüglich gibt es eine größere Bereitschaft, auf neue technische Lösungen zuzugreifen. Ein anderer Aspekt ist: Im normalen Büroalltag war und ist es eine Selbstverständlichkeit, täglich eine Auswahl an warmen und kalten Speisen und Getränken zur Verfügung zu haben. Im Homeoffice braucht es dagegen zusätzliche Zeit zum Einkaufen und Kochen; Gerade Kollegen mit Kindern sind in dieser Hinsicht noch mehr gefordert. Einen Punkt halte ich aber für besonders wichtig: In unserem Unternehmen musste bis heute niemand auf Kurzarbeit ausweichen. Diese Stabilität und Sicherheit haben wir in Corona-Zeiten noch weitaus mehr zu schätzen gelernt. Insofern hat uns Corona zu fortlaufender Entwicklung verholfen – das ist auf jeden Fall eine Verbesserung.

Eine Übersicht über die Einstiegsmöglichkeiten und aktuellen Stellenangebote bei der Hannoversche finden Sie auf unserer Karriereseite.

Wir wünschen allen Berufseinsteigern in diesen besonderen Zeiten viel Erfolg beim Finden ihres Traumjobs und ihrem Bewerbungsprozess!

Foto im Header: © contrastwerkstatt