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Erben: Die wichtigsten Fakten vor und nach dem Todesfall

Einer Umfrage des Deutschen Forums für Erbrecht e. V. in Zusammenarbeit mit TNS Infratest zufolge regeln nur etwa 25,8 Prozent der Deutschen ihren Nachlass in einem Testament oder einem Erbvertrag.  Verstirbt ein geliebter Mensch und hinterlässt keinen letzten Willen, sind die Hinterbliebenen mit der Situation häufig überfordert. Viele Fragen wie „Wer kümmert sich um den Nachlass bis zur Klärung des Erbes?“ oder „Wer bekommt wie viel vom Nachlass?“ nagen an den Gemütern und führen nicht selten zu Streitigkeiten. 

Erben - was man wissen und beachten sollte

Die gesetzliche Erbfolge: Auf die Nähe der Verwandschaft kommt es an

Im Erbschaftsrecht dreht sich alles rund um das Testament. Wurde es rechtsgültig verfasst, ist es in der Lage – abgesehen vom Pflichtanteil – die gesetzliche Erbfolge auszuhebeln. Doch auch wenn es keinen letzten Willen gibt und die gesetzliche Erbfolge eintritt, ist längst nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, wer erbberechtigt ist.

Die gesetzliche Erbfolge ist die standardmäßige Regelung, die in den meisten Fällen zum Tragen kommt, in denen kein rechtsgültiges Testament vorliegt. Die möglichen Erben werden zu diesem Zweck in sogenannte Ordnungen eingeteilt, nach denen sie erben können. Dieses System beginnt bei sehr nah verwandten Personen und bewegt sich hin zu weiter entfernten Verwandten. Grundsätzlich werden folgende Ordnungen unterschieden:

1. Ordnung

Direkte Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkelkinder, Urenkel; Adoptiv- und uneheliche Kinder)

2. Ordnung Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Eltern, Brüder/Schwestern, Nichten/Neffen)
3. Ordnung Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge
4. Ordnung Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge

 

Verstirbt eine Person, so prüft man hinsichtlich der gesetzlichen Erbfolge zunächst, ob sie Kinder hatte. Ist dies der Fall, so erben die Kinder zu gleichen Teilen. Ist ein Kind bereits verstorben, treten die Enkelkinder an dessen Stelle. Hatte der Verstorbene jedoch keine eigenen Kinder, so tritt die zweite Ordnung ein. Zunächst erben die Eltern. Sofern diese nicht mehr am Leben sind, sind die Brüder und Schwestern erbberechtigt. Dieses System wird solange weiter fortgeführt, bis ein berechtigter Erbe gefunden ist. Alle nachrangigen Ordnungen gehen dann leer aus.

Nicht erbberechtigt sind verschwägerte Personen, Stiefkinder und Pflegekinder, da zwischen ihnen und dem Verstorbenen keine verwandtschaftliche Beziehung bestanden hat. Kann kein gesetzlicher Erbe bestimmt werden und es liegt kein Testament vor, so geht das Erbe an das Bundesland, in dem der Verstorbene seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ist selbst dieser nicht feststellbar, erbt der Deutsche Bund den gesamten Nachlass.

Das Ehegatten-Erbrecht: Sonderstellung für den Ehepartner

Eine Sonderstellung innerhalb der gesetzlichen Erbfolge nimmt der Ehegatte ein, denn zwischen ihm und dem Erblasser bestand keine verwandtschaftliche Beziehung. Damit der Ehegatte erbberechtigt ist, muss zum Zeitpunkt des Todes eine Ehe bestanden haben, für die noch keine Scheidung eingereicht wurde.

Der Ehepartner erhält unabhängig vom restlichen Erbe immer den ehelichen Hausrat und etwaige Hochzeitsgeschenke. Sind Erben der ersten Ordnung vorhanden, so muss sich der Ehegatte mit 25 Prozent des Nachlasses zufriedengeben. Der Rest wird unter den Erben verteilt. Gibt es nur noch Erben der zweiten Ordnung, steigt der Teil des überlebenden Gatten auf 50 Prozent. In allen anderen Fällen erbt der Ehegatte komplett.

Diese Regelung gilt für den Stand der Gütergemeinschaft. Wurde zwischen den Ehepartnern die Gütertrennung oder eine Zugewinngemeinschaft vereinbart, gibt es abweichende Regelungen, die ein höheres Erbe vorsehen.

Der Pflichtteil: Garantie für bestimmte Erben

Selbst wenn es ein Testament gibt, in dem der Erblasser sein gesamtes Vermögen einer bestimmten Person hinterlässt, so kann er damit die gesetzliche Erbfolge nicht vollständig aushebeln. Es gibt einen bestimmten Personenkreis, der einen Anspruch auf einen Pflichtteil hat, soweit er erbberechtigt ist. Hierzu gehören leibliche und adoptierte Kinder sowie der Ehegatte bzw. der eingetragene Lebenspartner. Andere Abkömmlinge, beispielsweise Enkel, können nur in Sonderfällen einen Pflichtteil beanspruchen.

Die Höhe des Pflichtteils bestimmt sich nach der Höhe, die das Erbe gehabt hätte, wenn eine Person regulär geerbt hätte. Konkret kann sie die Hälfte dieses fiktiven Erbanteils als Pflichtanteil beanspruchen.

Hinterlässt ein verwitweter Erblasser drei Kinder, so könnten diese das Erbe zu drei gleichen Teilen beanspruchen. Vermacht dieser jedoch einem Kind testamentarisch sein gesamtes Vermögen, so können die zwei verbliebenen Kinder ihren Pflichtteil in Höhe der Hälfte ihres eigentlichen Erbanteils verlangen. In diesem Beispiel betrüge der Pflichtteil je ein Sechstel des Vermögens, sodass der eingesetzte „Alleinerbe“ immerhin noch zwei Drittel des Vermögens erhalten würde.

In bestimmten Sonderfällen kann die Pflichtteilsberechtigung allerdings entfallen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Erbe dem Erblasser selbst, seinem Ehegatten, den Abkömmlingen oder anderen nahestehenden Personen nach dem Leben getrachtet oder an diesen ein anderes Verbrechen begangen hat. Auch wenn ein Erbe der Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser nicht nachgekommen ist, kommt ein Entzug der Pflichtteilsberechtigung infrage.

Die Testamentseröffnung: Zuständigkeit des Nachlassgerichtes

Für die Erfüllung des letzten Willens des Verstorbenen ist das Nachlassgericht zuständig. Wer nach dem Tod des Erblassers im Besitz eines Testaments oder Erbvertrags ist oder ein solches Dokument auffindet, muss es unverzüglich beim zuständigen Nachlassgericht abliefern. Zuständig ist hierfür stets das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser gewohnt hat.

Schon vor der Eröffnung des Verfahrens versuchen die Richter herauszufinden, wer als gesetzlicher Erbe infrage kommt. Schließlich findet eine Nachlassverhandlung statt, die der Testamentseröffnung dient. Zu dieser Verhandlung kann jeder geladen werden, den das Erbe betrifft, wie der Testamentsvollstrecker oder die Erben. Das Ergebnis der Nachlassverhandlung wird den Erben später schriftlich durch eine Testamentseröffnungsurkunde mitgeteilt.

Hat der Erblasser in seinem Testament einen Testamentsvollstrecker benannt, so wird dieser durch das Nachlassgericht ernannt. Häufig wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, wenn Streitigkeiten über das Erbe zu befürchten sind, wenn das Nachlassvermögen sehr hoch ist, wenn es mehrere Erben gibt oder komplizierte Teilungsanordnungen mit Auflagen vorliegen.

Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, die im Testament geforderten Auflagen dem Wortlaut des Erblassers entsprechend zu erfüllen. Hierzu gehört es auch, dass nur er den Nachlass in den Besitz nehmen und verwalten darf, bis die Erbschaftsverhältnisse endgültig geklärt sind.

Ist kein Testamentsvollstrecker bestimmt, so können sich die Erben auf Antrag vom Nachlassgericht einen Erbschein ausstellen lassen. Dieser ermöglicht es ihnen, den Nachlass in Besitz zu nehmen.

Die Erbausschlagung: Wenn Schulden vorhanden sind

Jeder Erbe hat innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnisnahme der Erbschaft die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen. Häufig ist die Verschuldung des Erblassers ursächlich, teilweise gibt es jedoch auch persönliche Gründe für diese Entscheidung, beispielsweise ein Zerwürfnis mit dem Erblasser zu Lebzeiten.

Eine Erbausschlagung kann nicht auf einzelne Teile des Erbes beschränkt werden. Hier gilt der Grundsatz: „Ganz oder gar nicht.“ Schlägt ein berechtigter Erbe seinen Anteil aus, so wird die Erbfolge so betrachtet, als hätte er zum Todeszeitpunkt des Erblassers nicht gelebt.

Ein Beispiel: Der Erblasser hinterlässt zwei leibliche Kinder, die jeweils ebenfalls zwei Kinder haben. Würden beide Kinder des Erblassers das Erbe annehmen, erhielten sie je die Hälfte des Vermögens. Schlägt hingegen einer das Erbe aus, erhält der andere seine Hälfte des Erbes. Die zweite Hälfte wird unter den Kindern des ausschlagenden Erbes verteilt.

Die Enterbung: gar nicht so leicht

Abgesehen von den bereits beim Pflichtteil erwähnten Sonderfällen, beispielsweise wenn ein Erbe dem Erblasser nach dem Leben getrachtet hat, ist eine Enterbung rechtlich gar nicht so einfach zu veranlassen. Grundsätzlich kann der Erblasser seine Erben frei wählen, natürlich auch außerhalb der Familie. Die Pflichtteilsberechtigung einzelner Erben kann er jedoch nicht ohne Grund aushebeln. Wird eine Person vom Erbe ausgeschlossen, so wird die gesetzliche Erbfolge angewendet, als gäbe es diese gar nicht.

Um das Risiko einer Testamentsanfechtung zu minimieren, sollten im Testament keinerlei Gründe für die Enterbung angegeben werden. Falls der Enterbte Hinweise darauf sammeln kann, dass ein Irrtum des Erblassers vorgelegen hat, kann er das Testament anfechten und auf seinen Erbanteil pochen.

Holen Sie sich Rat beim Experten

Da die Themen Erbschaft und Erbrecht naturgemäß sehr komplex sind, empfiehlt es sich, bei Unsicherheiten einen Notar oder Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen. Die hier dargestellten Angaben erfolgen ohne Gewähr und ohne den Anspruch auf Vollständigkeit.

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